Christine Lavant, die Liebende – Gedichte aus dem Nachlass
Ö1 – Du holde Kunst
Sonntag, 17. Juni 2018, 8.15 Uhr, Wiederholung Montag, 18. Juni 00.05 Uhr
In den nachgelassenen Liebesgedichten Christine Lavants zeigt sich eine sinnliche, ja stürmische Seite an der „Schmerzensfrau“ der österreichischen Lyrik, die sie endgültig der konservativ-katholischen Rezeption entheben dürfte. Der Versuchung, diese mitunter kaum verschlüsselt erotischen Gedichte autobiografisch zu lesen und sie als Ausdruck der wechselvollen Beziehung der Dichterin zum Maler Werner Berg festzulegen, ist aber unbedingt zu widerstehen! Denn Lavants Liebesbegriff ist – mit Blick auf ihr Gesamtwerk – ein wesentlich universellerer. Vielfalt herrscht auch bei den literarischen Techniken – von der barocken Litanei bis zum umgedeuteten biblischen Bild, von der Wortneuschöpfung bis zur ins Ironische kippenden Schlusszeile. Zu hören sind acht aus den fast 500, größtenteils erstveröffentlichten Gedichten aus dem Nachlass.
Christine Lavant schrieb zeitlebens ca. 1.800 Gedichte. Nur gut ein Drittel davon hat sie auch veröffentlicht. Inhaltlich kühnere, formal riskantere Gedichte hielt sie zurück. Viele Gedichte aus dem Nachlass gewähren einen neuen Blick auf den Ursprung ihrer bildgewaltigen Dichtung. Der dritte Band der vierbändigen Werkausgabe des Wallstein Verlags enthält eine Auswahl aus den nachgelassenen Gedichten aus allen Schaffensperioden, darunter auch das lange Zeit verschollene, erst kürzlich wiederentdeckte Erstlingswerk „Die Nacht an den Tag“, das 1948 zwar gesetzt, aber nie gedruckt wurde. Drei Viertel der in dem Band versammelten Gedichte sind Erstveröffentlichungen.
Service:
Christine Lavant, Werke in vier Bänden, Band 3: Gedichte aus dem Nachlass. Hrsg. v. Doris Moser und Fabjan Hafner unter Mitarbeit von Brigitte Strasser. Mit einem Nachwort von Doris Moser. Wallstein Verlag , Göttingen 2017