Marias Testament

Theater in der Josefstadt

Standing ovations, nicht enden wollender Applaus und ein Orkan an Bravi: Das Publikum konnte gestern eine absolute Sternstunde erleben.
Marias Testament, im Februar an den Hamburger Kammerspielen uraufgeführt, hatte Premiere an der Josefstadt.
Direktor Föttinger hat mit Nicole Heesters und Elmar Goerden zwei wahre Erfolgsgaranten wieder nach Wien geholt und es ist ihm damit ein echter Coup gelungen.

Wie Goerden das Buch von Colm Toibin in packende, erschütternde neunzig Minuten verwandelt, ist ein Meisterwerk. Er hat gestrafft, umgestellt, konzentriert und hält das Publikum in schier atemloser Spannung; die Regie ist bis ins kleinste Detail fein durchdacht.
Und er hat das Stück der großen Nicole Heesters auf den Leib geschrieben, ihr einfühlsam eine Frauenfigur gestaltet, die hin und hergerissen zwischen Zorn und Trauer um ihren Sohn, „ihren Jungen“, ringt.
Heesters verkörpert diese Maria als Mutter, die den Weg, den ihr Sohn genommen hat, nicht begreifen kann. Sie empfindet die Jünger als Nichtsnutze, die Wunder als widernatürlich. Sie hat ihn gewarnt, zur Vorsicht gemahnt, und bekommt als Erwiderung: „Frau, was habe ich mit dir zu schaffen?“ „Ich bin deine Mutter.“ sagt sie und resigniert. Dennoch steht sie zu ihm, eilt nach Golgota, um ihm in den letzten Stunden nahe zu sein. Ihre Schilderung der Kreuzigung ist schwer zu ertragen; sie  musste es mitansehen.
Diese Maria ist eine starke Frau, die am Ende ein bitteres Urteil fällt:
„Ich war dort. Die meiste Zeit. Ich floh, bevor es vorbei war. Aber wenn ihr Zeugen braucht, dann bin ich eine Zeugin und wenn ihr sagt, dass er die Welt erlöst hat, dann sage ich, dass sie das nicht wert ist. Sie ist es nicht wert.“

Marias Testament
von Colm Tóibín, Bühnenfassung: Elmar Goerden
Deutschsprachige Erstaufführung

Mit Nicole Heesters
Regie und Bühne: Elmar Goerden
Kostüm: Lydia Kirchleitner

Zu sehen im Theater in der Josefstadt am: 29.9., 30.9., 1.10., 12.10., 13.10., 26.11, 27.11., 5.12., 19.12., 20.12.

Nicole Heesters und Elmar Goerden
c: Theater in der Josefstadt