„Hundertwasser – Magische Farben“

Im ACC, dem Amberger Congress Centrum, ist noch bis 19. September dieses Jahres eine repräsentative Ausstellung mit Originalgraphiken von Friedensreich Hundertwasser zu sehen.

Nachfolgend einige Fotos und meine Eröffnungsrede zur Ausstellung:

mit Oberbürgermeister Michael Cerny und der Geschäftsführerin des ACC Amberg Petra Strobl

 

copyright: Gerd Spies

 

copyright: Wolfgang Steinbacher

 

Eröffnungsrede vom 22.7.2918

„Meine Damen und Herren, es ist für mich eine große Freude und Ehre, wieder in Amberg zu sein und heute zur Ausstellung eines der bekanntesten österreichischen Künstler zu Ihnen sprechen zu dürfen.
Friedensreich Hundertwasser Regentag Dunkelbunt, so sein vollständiger Künstlername, wurde am 15. Dezember 1928 in Wien als Friedrich Stowasser geboren. Nach kurzem Studium an der Wiener Akademie der bildenden Künste bereiste er Italien, Frankreich, Marokko und Tunesien. Lebte dann abwechselnd in Paris, in der Normandie und in Venedig, wo auf der Giudecca mit seinem „Giardino Eden“, einen fast 15.000 Quadratmeter großen Garten besaß.
Anfang der 1970er Jahre erwarb er in der Bay of Islands in Neuseeland mehrere Grundstücke, die das gesamte Kaurinui-Tal umfassen. Dort verwirklichte er seinen Traum, das Land der Natur zurückzugeben und ihr zu ihrem Recht zu verhelfen. Er pflanzte mehr als 100.000 einheimische Bäume, baute Kanäle und Teiche und Pflanzenkläranlagen, nutze Sonnen- und Wasserenergie.
Als er im Februar 2000 seine alte Heimat in Europa besuchen wollte, starb er auf der Überfahrt an Bord der Queen Elizabeth II, mitten auf dem Pazifischen Ozean.

Hundertwasser war ein Künstler, der polarisiert hat. Von vielen Menschen geliebt und verehrt, geriet er immer wieder in Konflikt mit Berufsarchitekten und Kunstkritikern.

„Fest steht, dass er es vielen nicht leicht gemacht hat, wohinter eben doch eine sehr positive Kraft, nämlich die unnachgiebige Überzeugung von seiner Aufgabe und eine fast religiöse Begeisterung für seine Ziele standen.
Sicherlich irritierte sein oft unkonventionelles Verhalten, Äußerlichkeiten wie jene bunte Schirmkappe etwa, die er überall trug, die Verschiedenfarbigkeit seiner Socken, die scheue und empfindsame Sprechweise. Aber das gehört alles zu dem großartigen Gesamtbild eines ungewöhnlich schöpferischen Menschen, dessen Ideale weit über seinen Tod hinaus wirken werden, eines Künstlers, dessen sich Österreich vor aller Welt immer stolz besinnen sollte.“
Das schrieb Walter Koschatzky im Jahr 2000 über seinen Freund Friedensreich Hundertwasser.
Und wirklich, die Begeisterung der Menschen für das Werk Hundertwassers ist ungebrochen; Ausstellungen in Österreich und Deutschland, in Paris, London, Rotterdam, in den USA, Japan und Korea bringen immer noch Zuschauerrekorde.

Ich erinnere mich an meine erste nähere Begegnung mit Friedensreich Hundertwasser. Er kam zu einem spontanen Mittagessen, um meinen Mann bezüglich einer geplanten Ausstellung um Rat zu fragen. Es war ein schneereicher Wintertag, was Hundertwasser nicht hinderte, wie gewöhnlich mit Holzsandalen und buntgeringelten Wollsocken zu erscheinen. Schnee- und Eisbrocken hatten sich an den Socken festgeheftet, und nun taute er in unserem Wohnzimmer langsam auf und hinterließ Wasserpfützen auf Parkett und Teppichen. Beim Essen, das ihm offensichtlich schmeckte, langte er, noch bevor ich ihm ein weiteres Stück anbieten konnte, mit seiner Gabel auf den Teller meines Mannes und holte sich einfach dessen Schnitzel.

Trotzt dieser Schrulligkeit und manchmal auch Sturheit war er ein ausgesprochen liebenswertester Mensch, der mir unvergessen bleiben wird.

Das Oeuvre Hundertwassers ist weitgefächert. Malerei und Graphik, Design, Architektur – und man sollte keinen dieser Bereiche isoliert betrachten. Wie bei kaum einem anderen Künstler bildet das kreative Schaffen bei Hundertwasser eine Einheit, hinter der eine eigene Philosophie und ein – überspitzt gesagt – fast schon religiöses Sendungsbewusstsein standen.

Schon in den Fünfzigerjahren tauchte der für ihn bedeutsamste Grundgedanke auf, nämlich, dass die Natur selbst und damit alles Natürliche keine gerade Linie kenne. Diese Idee verfolgte er von da an mit zunehmender Begeisterung, wenn er predigte: die mit dem Lineal gezogene Linie sei immer Menschenwerk, Anfang und Ausdruck aller Entfernung von Schöpfung und Natur, sei daher „unmoralisch und gottlos.“ Nahezu alles von Hundertwassers Lebenswerk nahm von hier seinen Ausgang.
Er sah sich dazu bestimmt, ein „Leben im Einklang mit der Natur“ möglichst vielen Menschen nahezubringen. Dieses Einbeziehen von Natur machte den Künstler zu einem frühen Vorkämpfer grüner Ideen, von denen er überzeugt war, wenn er sagte: „Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum – wenn viele gemeinsam träumen, ist das der Anfang einer neuen Wirklichkeit.“

Er wollte den Menschen Schönheit und Glücklich sein verschaffen, ihnen ein Paradies öffnen, im Inneren durch das Kunsterlebnis, im Äußeren durch die Gestaltung von Umgebung und Wohnraum. Wobei er in seinem Ideenreichtum manches mal etwas zu weit ging, was ich Ihnen mit einer Anekdote aus den Erinnerungen meines Mannes illustrieren möchte:

„So kam im Mai 1974 auch die Ausstellung von Friedensreich Hundertwasser heran. Er allerdings machte es einem in der Tat nicht allzu leicht. Eben zu dieser Zeit verfolgte er mit Beharrlichkeit und Inbrunst eine fixe Idee: sein Humus-Closet, das im Original im Mittelpunkt der Ausstellung zu stehen hatte. Wohl war dieses hier im Zentrum des edlen Raumes der Albertina zwar nicht zum Gebrauch und nur zur Besichtigung gedacht, doch ließ es – als Objekt mit schematischen Erläuterungen für den zukünftigen Benutzer versehen – an Deutlichkeit nicht zu wünschen.
Man musste sich schon mit Courage wappnen, um sich den höhnischen und hinterhältigen Fragen und Kommentaren bei der Pressekonferenz ebenso wie der Wiener Gesellschaft dann abends bei der Eröffnung zu stellen. Selbst die sonst so unerschütterliche Kunstministerin Hertha Firnberg war bei der Führung vor diesem speziellen Exponat im Verein mit den detaillierten Erläuterungen des von seiner Idee unendlich beseelten Künstlers doch etwas irritiert. Aber Hundertwassers Namen und zuletzt auch die wirklich ungemein schöne Ausstellung überwogen schließlich. Das Publikum strömte herbei, der Erfolg war eindeutig und stark.“

Ganz wesentlich für Hundertwassers künstlerisches Schaffen ist die schon in den Fünfzigerjahren einsetzende Auseinandersetzung mit der Spiralform. Die von nun an in seinen Bildern immer wieder auftaucht. Doch wirkt sie nie konstruiert: Seine Spirale lebt, bleibt unerklärbar in ihrem Verlauf, wird ein immer tieferes und bestimmendes Motiv in seinen Bildern, und Hundertwasser ist sich der mystischen Dimension bewusst, wenn er sagt: „Die Spirale ist das Symbol des Lebens und des Todes. Die Spirale liegt genau dort, wo die leblose Materie sich in Leben verwandelt.“

In dieser Ausstellung haben Sie Gelegenheit, sich mit einem äußerst repräsentativen Querschnitt von Hundertwassers graphischen Arbeiten vertraut zu machen. Ob Lithographie oder Siebdruck (Serigraphie), Radierung oder japanischer Farbholzschnitt, dessen Tradition er mit neuen Inhalten erfüllte – Hundertwasser brachte jede dieser Techniken zu höchster Perfektion und schuf so ein graphisches Oeuvre größter Schönheit und Bedeutung. Und man versteht, dass er bald die Druckgraphik dem Arbeiten in Aquarell oder Öl vorzog. „Mit der Druckgraphik erreiche ich ein Paradies, das der Malerpinsel nicht mehr erreicht.“ schrieb er 1986 als Geleitwort zum Werkverzeichnis seiner Graphik.

Seit 1969 arbeitete Hundertwasser mit dem Drucker Günter Dietz in Lengmoos an ins Unglaubliche gesteigerten Siebdruckgraphiken; allein für „Good Morning City“ stellte er selbst in wochenlanger Arbeit manuell 80 Variationen her. Dietz hatte bahnbrechend die Möglichkeiten dieser Technik im Vielfarbendruck, mit Metallpressungen und anderem entwickelt. Durch die hohe Auflage, die der Siebdruck ohne jeden Qualitätsverlust möglich macht, konnte der Preis niedrig gehalten werden und machte diese Druckgraphik für jeden erschwinglich, was ganz Hundertwassers sozialer Intention entsprach.

Ein graphischer Höhepunkt war dann 1982/83 in Venedig mit dem Werk „10 002 nights – homo humus come va“ erreicht worden, wobei er durch einfachen Wechsel der vielen Druckplatten nur je ein Exemplar in einer Kombination herstellte. Es entstand also eine Auflage von 10.254 Drucken, und jedes Blatt davon war und ist ein Unikat! Claudio Barbato, der Meisterdrucker in Venedig-Spinea brachte es zustande: Die wechselnde Druckfolge von 4 Farbplatten auf Zink, 7 Farbplatten in Siebdruck und Metallprägungen in 10 Farben mit nur je einem Abzug ermöglichte es. Jede noch so strenge Forderung für „Originalgraphik“ war dabei erfüllt: Hundertwasser zeichnete sämtliche Folienplatten selbst, wählte nach einem Farbschlüssel in einem unvorstellbaren Arbeitsaufwand die Abfolge und überwachte jeden Druckvorgang.
Mein Mann erzählte mir von Hundertwassers Enthusiasmus’, als dieser über hundert der Blätter im großen Saal der Wiener Akademie zu einem beispiellosen Farbenspiel aufgebreitet hatte, um sie ihm in einem Überblick von der Galerie aus vorzuführen. In der Tat, jedes Blatt erwies sich als völlig anders in der Wirkung.

Trotz der zum Teil sehr hohen Auflagen seiner Werke, kaum ein Künstler hat seine graphischen Arbeiten dermaßen penibelst nummeriert wie er, sie limitiert und signiert, und ist mit dem Begriff „original“ so unendlich bewusst und umsichtig umgegangen.

Berauscht von der Farben- und Formenpracht in Hundertwassers Bildern sollte man sich aber hüten, in ihnen nur ein ästhetisches Objekt zu sehen. In jedem

mit Oberbürgermeister Michael Cerny und der Geschäftsführerin des ACC Amberg Petra Strobl
copyright: Susanne Baerteleechten Kunstwerk bleibt die letzte Aussage geheimnisvoll, und so ist es auch hier. Wer Augen, Verstand und Empfindungsfähigkeit besitzt, dem vermag es ungleich mehr zu bedeuten.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und wünsche Ihnen noch einen schönen und spannenden Abend mit Arbeiten von Friedensreich Hundertwasser.“

Gabriela Koschatzky-Elias

zum Presseartikel auf onetz.de